Ein Missverständnis ist weitverbreitet. Wie können wir durch die Einführung von Software Durchlaufzeiten reduzieren?
Die Antwort ist, das geht nicht…
Kürzere Durchlaufzeiten kommen nicht von magischer Software. Kürzere Durchlaufzeiten kommen von der Überarbeitung Ihres Flussmodells. Die Software erleichtert dies insbesondere durch einen effizienten Nachschubprozess an den Entkopplungspunkten und die Berechnung entkoppelter Durchlaufzeiten.
Aber der wirkliche Schatz, die Intelligenz, liegt in Ihren Teams, dafür müssen Sie keine Software kaufen, Sie müssen nur beobachten. „Sehen lernen“ – Für Lean-Experten sollte das vertraut klingen…
Eine der Stärken bei der Umsetzung der MRDRP-Methodik liegt bereits im ersten Schritt, der eine wesentliche Voraussetzung darstellt: die Positionierung der Entkopplungspunkte.
Es ist nicht weit verbreitet, zuerst das Betriebsmodell zu überarbeiten, bevor man eine Software einführt. Zahlreiche ERP-Einführungen beginnen mit „Phase 1: Wir stellen nicht alles in Frage, wir übertragen in das neue ERP, was wir heute tun“. Und da das Abenteuer lang und kostspielig ist, bleiben wir oft bei Phase 1 stecken…
Wie kann das Betriebsmodell überarbeitet werden? Meist ist es ganz einfach:
- Stellen Sie ein Team zusammen, das Ihre Material- und Informationsflüsse und Abläufe kennt.
- Kartieren Sie Ihre Flüsse (auf einer Makro-Ebene).
- Positionieren Sie Ihre (realistischen) Termine und die Erwartungen Ihrer Kunden entlang Ihrer Flüsse.
- Identifizieren Sie gemeinsam genutzte, wiederkehrende Artikel, Komponenten oder Baugruppen.
- Entwerfen Sie Ihre Zielkartographie und die damit verbundenen Steuerungsprozesse in einem Prozess der Schwarmintelligenz.
Manchmal sind die Verbesserungen der Durchlaufzeiten bereits in ihrer Supply Chain angelegt, strukturelle Veränderung sind dann nicht nötig und man muss sie nur in den Planungs- und Steuerungsprozess überführen.
Nehmen wir einige Beispiele aus den jüngsten Projekten:
- Ein Medizingerätehersteller
Diese Firma stellt eine Vielzahl medizinischer Geräte her, meist in Lager-, manchmal auch in Auftragsfertigung. Die Montage selbst ist relativ einfach und wendig, sie wird mit flexiblen Mitteln in wenigen Stunden durchgeführt. Nach der Montage gibt es einen langen Qualitäts- und Freigabeprozess. Montage und Freigabe dauern vier Wochen. Die Baugruppen umfassen eine große Zahl von Komponenten und Unterbaugruppen.
Bis zur Einführung von DDMRP betrug die Durchlaufzeit für die Auffüllung des Fertigwarenlagers bzw. die Auftragsfertigung etwa drei Monate. Warum drei Monate, wenn Montage und Freigabe vier Wochen dauern? „Weil wir uns nicht sicher sind, ob wir die Komponenten montagefertig haben, haben wir ein sechswöchiges, festes Produktionsprogramm, um den Nachschub zu sichern.“
Nach der Einführung von DDMRP-Puffern, die die Verfügbarkeit der Komponenten vor der Montage sicherstellen, sank die Durchlaufzeit auf zwei Wochen festes Produktionsprogramm plus drei Wochen Freigabe, d. h. fünf Wochen statt zehn.
Darüber hinaus werden jetzt, da die Teams der Methode vertrauen, neue Möglichkeiten zur Verkürzung der Durchlaufzeiten identifiziert.
- Komponentenhersteller
Diese Firma bearbeitet zunächst Gemeinteile. Der Prozess ist eine Abfolge von internen und externen Bearbeitungsschritten, wobei die Arbeitspläne etwa fünfzehn Schritte umfassen können. Im zweiten Teil des Prozesses entstehen aus diesen bearbeiteten Halbfertigteilen Endprodukte, die Baugruppen und Endmontage– sowie Differenzierungsschritte enthalten. Die Kunden werden ab Lager bedient.
Die frühen Phasen des Herstellungsprozesses unterliegen Kapazitätsbeschränkungen. So konnte man die alte Idee, den Prozess mit einem Bestand von bearbeiteten Halbfertigprodukten zu entkoppeln, nie umsetzen.
Die Fertigwarenbestände wurden daher auf eine Nachschubzeit von sechzehn Wochen ausgelegt. Das führt zu hohen Bestandszielen. Um dieses Bestandsniveau aufrechtzuerhalten, mussten alle bearbeiteten Halbfertigprodukte sofort der Endfertigung zugeführt werden, um in den Bestand an Fertigerzeugnissen aufgenommen zu werden.
Nachdem wir diesen Prozess genauer betrachtet hatten, wurde die Nachschubdurchlaufzeit für Fertigprodukte von sechzehn auf vier Wochen reduziert. Dies geschah innerhalb weniger Wochen, um den Rückgang der Arbeitslast am Ende des Prozesses auszugleichen.
Die Wirkung? Der Zielbestand der Fertigprodukte ging stark zurück, und der Fluss an Teile im ersten Prozessschritt führte zu einem schnellen Aufbau des Lagerbestands an Halbfertigprodukten, den das Unternehmen dringend benötigte… Es war nur eine Frage des Wagemuts.
- Verpackungshersteller
Diese Firma stellt Verpackungskomponenten her. Das Werk versorgt ein Distributionszentrum. Die definierte Nachschubdurchlaufzeit beträgt 4 Wochen. Dabei handelt es sich um einen festen Horizont, der die Auslastung des Werks stabilisieren soll.
Die ersten analytischen DDMRP-Diagramme innerhalb R+ zeigten sofort, dass die historische Net-Flow-Gleichung im bestehenden Betriebsmodell etwa 50% der Puffer erreichte, während sie sich auf dem Niveau der grünen Zone hätte befinden müssen.
– Ähm, sind Sie sicher, dass die Nachschubdauer vier Wochen beträgt? Fragt der Berater.
– Wir haben nicht genug Kapazität, um den Bedarf für vier Wochen zu decken, deshalb fertige ich jede Woche nur die Notfallaufträge, um den Bedarf der laufenden und der folgenden Woche zu decken. Antwortet der Produktionsplaner.
– Bedeutet das, dass Ihre Durchlaufzeit eigentlich zwei Wochen beträgt?
– Oh ja, Sie haben Recht, ändern wir sie.
Jetzt arbeitet dieses Werk mit einer Durchlaufzeit von 2 Wochen, mit viel weniger Stress und Notfällen, da es sich um das normale Modell handelt. Der Zielbestand im Distributionszentrum wurde reduziert, was ein wenig mehr Flexibilität gegeben hat… und der Produktionsplan des Werks ist stabiler als früher, als er für 4 Wochen „eingefroren“ wurde.
Weitere ähnliche Beispiele könnten hier angeführt werden, und viele finden Sie in den veröffentlichten DDMRP-Fallstudien. Es ist keine Magie. Es geht darum, den gesunden Menschenverstand Ihrer Teams zu nutzen, mit der Unterstützung durch angemessene Software…