Der Fluss braucht Rhythmus
Wenn Sie Musiker sind, oder einfach nur Musikliebhaber, haben Sie wahrscheinlich den Rhythmus im Blut!
Von Klassik bis Pop, Rock, Elektro oder dem „Flow“ eines Rappers ist Musik stets Fluss, nicht wahr?
Bei der großen Mehrheit dieser – zumindest westlichen – Musikformen gibt es einen Rhythmus, Takt, Puls. Einen Herzschlag.
Wozu ist der Rhythmus da? Ich bin kein Musiker oder Musikwissenschaftler, aber ich kann mir vorstellen, dass dieser Rhythmus in einem musikalischen Fluss mehrere Funktionen wahrnimmt:
- Das Zusammenspiel der Musiker orchestrieren
- Sicherstellen, dass jeder seine Noten (oder seine Improvisation) harmonisch spielen kann
- Vermeiden, dass der eine oder andere zu früh oder zu spät einsetzt
- Den Zuhörern den ihrem Musikgeschmackentsprechenden Fluss vermitteln
Orchestrierung, Zusammenarbeit, Fluss, das sind liebliche Töne in unseren Supply-Chain-Manager-Ohren, nicht wahr?
Diese Verbindung von Fluss und Rhythmus findet sich auch in der Natur wieder. Der Herzschlag ist entscheidend für den „Fluss“ unseres Lebens, nicht wahr?
Gleiches gilt für die Übertragung unserer Informationsflüsse: Ob unsere Kommunikation nun auf Schwingungen, Elektronik oder Licht basiert, so liegen ihr doch stets Wellen und Frequenzen zugrunde, nicht wahr?
Im Takt steuern
Auf die gleiche Weise benötigt der Fluss in unseren Supply Chains und in unseren Fabriken Rhythmus. Und welcher ist der richtige Rhythmus, um unsere Güterströme zu orchestrieren? Natürlich das Tempo der Marktnachfrage.
Hier liegt der Kern der Demand Driven Methodologie: unsere Flüsse an der Marktnachfrage auszurichten. Die Lean-Praktiker kennen das schon lange, es handelt sich um die Definition und die Daseinsberechtigung der Taktzeit.
Auf der Suche nach dem verlorenen Rhythmus
Für den Musikfluss verfügen Musiker über entsprechende Mechanismen: ein Metronom, einen Dirigenten, der den Takt vorgibt, einen Schlagzeuger, Trommler etc.
Wenn Sie sich Ihr Managementsystem genau ansehen, Ihr bevorzugtes ERP-System, das Ihre Flüsse orchestrieren soll, finden Sie dort einen taktgebenden Mechanismus, einen Rhythmus, ein Voranschreiten, woran Sie das Tempo Ihrer Flüsse orientieren und in Echtzeit synchronisieren können? Mmh. Wahrscheinlich nicht.
Unsere ERP-Systeme wurden dafür entwickelt, Anforderungen zu berechnen, die Bedarfe, reale Bestellungen und Prognosen abdecken. Sie wurden nicht dafür geschaffen, den Rhythmus für Flüsse vorzugeben. Wir sollten nicht überrascht sein, wenn wir unter Synchronisierungsproblemen leiden.
Demand Driven und Takt
Die grundlegenden Mechanismen von DDMRP, dem ersten Schritt eines Demand-Driven-Adaptive-Enterprise-Modells, verfügen über einen grundlegenden Rhythmus. Man nennt es mittleren Tagesverbrauch (MTV). Dieser MTV kann historische Bedarfe, Prognosen und äußere Faktoren beinhalten, wird aber stets geglättet bzw. gemittelt. Manche wundern sich darüber. Warum zum Beispiel die mittlere Nachfrage der letzten 12 Wochen mit dem Durchschnitt der Prognosen für die kommenden 8 Wochen kombinieren?
Als ich ein junger Elektronikingenieur war, musste ich in meinen Abschlusspraktikum eine Leiterplatte für den Empfang eines Satellitensignals entwickeln. Der erste Schritt dieser Signalverarbeitung, bevor man einen digitalen Algorithmus betrachtet, bestand darin, mittels eines analogen Filters und einem Schleifenschaltkreis den Signalträger zu erkennen – d. h. die Basisfrequenz, den Rhythmus dieses Stroms, der anfangs aufgrund des Rauschens im Empfangssignal nicht sichtbar war.
Dies ist die primäre Funktion des MTV unter DDMRP: den Grundrhythmus Nachfrage bestimmen, der durch das Rauschen der Schwankungen überdeckt wird, Schwankungen der täglichen Kundennachfrage und selbstverschuldeter Schwankung aufgrund unserer optimistischen oder pessimistischen Vorhersageprozesse.
Reicht der MTV aus, um dem Fluss zu folgen?
Nein. Es handelt sich um eine Voraussetzung, die die gleiche Funktion wie meine analoge leiterplatte aus den 1980er Jahren erfüllt, das Signal vom Rauschen zu befreien.
Um dem Fluss wirklich einen Takt vorzugeben, benötigen wir weitere Mechanismen: Kontrollpunkte und „Drums“ (Engpässe), die auf zwei Ebenen verwendet werden:
- Während des S&OP-Prozesses (oder genauer gesagt DDS&OP), für eine Überprüfung der Auslastung kritischer Ressourcen auf hoher Ebene. Das verwenden wir für die Kapazitätsgrobplanung (Rough Cut Capacity Planning) in unserem Advanced Planning Module.
- Während der Feinplanung und Ausführung. Unser entsprechendes Modul heißt DBR+, abgeleitet von der Steuerungslogik des Drum-Buffer-Rope der Theory of Constraints. Es geht in der Tat darum, ein Tempo zu setzen und die Ströme in Echtzeit zu takten.
Um die Flüsse an der Kundennachfrage auszurichten, müssen Sie Ihrem ERP einen Rhythmus beibringen!
Wir werden in einem späteren Beitrag auf die praktische Umsetzung dieser Art der Steuerung zurückkommen.
Bleiben Sie auf unserer Frequenz!